In Schleswig-Holstein und Berlin haben sich die Gemeinschaftsschulen bewährt und werden zunehmend von Eltern und Kindern angenommen. Auch in NRW wurden seit 2007 pädagogische Konzepte für Gemeinschaftsschulen entwickelt (zum Beispiel in Horstmar/Schöppingen, Ascheberg, Schalksmühle) und es wurden bei der Landesregierung Anträge auf Errichtung von Gemeinschaftsschulen gestellt.
19 Standorte in NRW hatten die Errichtung einer neuen Gemeinschaftsschule beantragt, 17 dieser Anträge wurden bewilligt, wobei die regionale Verteilung sehr unterschiedlich ist. Weitere 43 Gemeinden und Schulen haben ihre Interessenbekundung und die Anträge zur Errichtung einer Gemeinschaftsschule für das Schuljahr 2012/2013 bei den Regierungspräsidenten und dem Schulministerium eingereicht, es gehen laufend weitere Anfragen ein. Derzeit prüft das Schulministerium die Möglichkeit, im Schulgesetz die Gemeinschaftsschule als weitere Schulform zu verankern.
Was ist eine Gemeinschaftsschule?
In dem Leitfaden Auf dem Weg zur Gemeinschaftsschule hat das Schulministerium NRW die Grundideen und Rahmenbedingungen für Schulen und Gemeinden, die sich am Schulversuch Längeres gemeinsames Lernen Gemeinschaftsschule beteiligen wollen, aufgezeigt.
Gemeinschaftsschulen sind pädagogische, organisatorische und schulrechtliche Einheiten, die alle Schülerinnen und Schüler nach der Klasse 4 aufnehmen. In der Regel umfasst die Gemeinschaftsschule die Jahrgangsstufen 5 bis 10; sie kann aber auch eine Oberstufe haben, so dass die SchülerInnen nach neun Jahren das Abitur machen können.
Hat die Gemeinschaftsschule keine Oberstufe, kooperiert sie mit der Oberstufe eines Gymnasiums, einer Gesamtschule oder eines Berufskollegs, um verbindlich den Zugang in die Gymnasiale Oberstufe zu gewährleisten.
Für die Organisation der Gemeinschaftsschule gibt es einem Rahmen, der ab Klasse 7 eine äußere Differenzierung wie auch den gemeinsamen Unterricht bis Klasse 10 ermöglicht. Im Unterschied zur Gesamtschule kann die Gemeinschaftsschule vollkommen auf äußere Differenzierung verzichten. In den Jahrgangsstufen 5 und 6 werden allen SchülerInnen gymnasiale Standards ermöglicht.
Ab Klasse 7 gibt es dann verschiedene Varianten zwischen herkömmlicher Dreigliedrigkeit und vollständiger Integration. Bei der Variante Integration gewinnt der gemeinsame Unterricht (Inklusion) zunehmend Bedeutung bei den Anträgen, die dem Ministerium bislang vorliegen.
Die Vorteile liegen auf der Hand
Aus bildungspolitischer Sicht:
In den Kommunen und Schulen, in denen über die Errichtung von Gemeinschaftsschulen nachgedacht wird, wird eine intensive Diskussion über die Bildung, die für die Kinder und Jugendlichen im 21. Jahrhundert nötig ist, eröffnet. Die Lern- und Lebensziele der UNESCO-Kommission, die 1996 vorgestellt wurden, werden diskutiert: Leben lernen, zusammen leben, Wissen erwerben, eigenständig handeln sind Ziele, mit denen sich PolitikerInnen, Eltern und PädagogInnen auseinandersetzen und an denen sich die pädagogischen Konzepte der neuen Ganztagsschulen orientieren. Auch der Leitgedanke der Inklusion findet in der Konzeptentwicklung zunehmend Einfluss. Die Hälfte der vorliegenden 19 Anträge sieht den Gemeinsamen Unterricht vor.
Aus Sicht der Kinder:
Die SchülerInnen können nach der Grundschule zusammenbleiben und ihre Freundschaften weiterleben. Entscheidungsdruck und frühe Selektion entfallen. Die Kinder können länger miteinander und voneinander Lernen, Vielfalt bleibt länger erhalten. Durch die Möglichkeiten des Ganztags können die unterschiedlichen Fähigkeiten und Begabungen besser gefördert werden.
Aus Sicht der Eltern:
Da es keine Trennung nach der Klasse 4 gibt, können die Eltern ihre Kinder in Ruhe in der Schule begleiten. Die Kinder müssen nicht schon am Ende der Klasse 4 den Zugang zu höheren Bildungsabschlüssen erreichen. Der Weg zu möglichst guten Bildungsabschlüssen bleibt länger offen. In der Grundschule gewachsene Kooperationen können in der weiterführenden Schule fortgesetzt werden.
Aus Sicht der LehrerInnen:
GrundschullehrerInnen müssen nicht schon am Ende der Klasse 4 selektieren und so die Verantwortung für Bildungsverläufe übernehmen. Die LehrerInnen in der Gemeinschaftsschule unterrichten in kleineren Klassen mit KollegInnen, die unterschiedliche Schulformerfahrungen mitbringen. Durch die Organisation in Jahrgangsteams wird eine intensive Unterstützung im Kollegenkreis möglich. Für die Gemeinschaftsschulen ist ein Fortbildungs- und Unterstützungssystem vorgesehen, das sich beispielsweise in Berlin außerordentlich bewährt hat. Durch die Unterstützung der Kommunen, etwa durch Schulsozialarbeit, wird die Bildungs- und Erziehungsarbeit erfolgreicher.