Zeit für einen Münchhausen-/ Faktencheck

Die Häufung von falschen Tatsachenbehauptungen in den Meinungsäußerungen der Pro-Realschulinitiative lässt die Frage aufkommen, wann die Steinhagener-Presse sich endlich journalistisch mit dieser Initiative näher auseinandersetzt. Ursula Bolte sprach noch in ihrer Stellungnahme zurückhaltend von nicht immer sauberer Argumentation im Zusammenhang mit den Begründungen der Sekundarschulgegner. Was aber im Moment auch in den Zeitungen abgedruckt wird, ist keine noch gerade zulässige Beugung der Wahrheit, es sind schlicht Unwahrheiten. Leserbriefe als Meinungsäußerungen zu bezeichnen, die nicht notwendigerweise die Position der Redaktion wiedergeben, ist eine Sache, den offensichtlich falschen Tatsachenbehauptungen aber breiten Raum einzuräumen, ist im besten Fall pure Sammlung von ungeprüften Behauptungen.

Zwei Beispiele verdeutlichen, wie notwendig mittlerweile ein journalistisch neutraler Faktencheck in der Diskussion um die Steinhagener Schulen wäre. Im jüngsten Leserbrief der Initiative Pro-Realschule wird die Behauptung aufgestellt, dass es an Gesamtschulen keine Inklusion gebe. Die für den Altkreis zuständige Peter August Böckstiegel Gesamtschule hat seit dem Schuljahr 2012/13 eine Integrationsgruppe in einer 5. Klasse in Borgholzhausen. Über diese Klasse und die zuständige Sonderpädagogin ist in den Zeitungen ausführlich berichtet worden.

Der genannte Leserbrief ist voll von derartig falschen Behauptungen. Die im Kreis Gütersloh neu gegründeten Schulen wie die Gesamtschulen in Harsewinkel und Herzebrock sowie die Sekundarschule in Langenberg arbeiten mit Kindern, die wie in der Grundschule über unterschiedliche Leistungsniveaus verfügen. Es gibt bisher keine Berichte über negative Erfahrungen in diesen Schulen. Im Brief der Pro-Realschulinitiative werden negative Erfahrungen einfach erfunden und diese Unwahrheit wird in den Zeitungen auch noch ungeprüft abgedruckt.

Dies sind nur zwei Beispiele. Sie verdeutlichen aber die Notwendigkeit zur unparteilichen Erörterung der Argumente. Von den Tageszeitungen erwarten die Leser auch im Lokalteil Berichte, Reportagen, Analysen und Hintergründe sowie Kommentare. In der Schulfrage ist jetzt ein Münchhausen-/Faktencheck erforderlich, der sich selbstverständlich auch mit den Argumenten der Befürworter beschäftigt.

Die journalistisch sorgfältige Aufarbeitung und Bewertung von Fakten und Behauptungen unterscheidet die Tageszeitung von gegoogelten Informationen aus dem Internet. Es wird Zeit, dass die Steinhagener Presse sich wieder auf die eigenen Stärken besinnt.