Schul- und Gemeindeentwicklung

Die Schulpolitik wird 2015 wichtiges Thema bleiben. Die Erweiterung der Grundschulen für Ganztag und Inklusion ist das eine, die Zukunft der weiterführenden Schulen das andere. Die Befragung Steinhagener Eltern zeigt eine Favorisierung von Gymnasium – und Gesamtschule. Wird nun eine Diskussion über eine Gesamtschule eröffnet? Das ist ein Punkt, über den WESTFALEN-BLATT-Redakteurin Annemarie Bluhm-Weinhold mit Bürgermeister Klaus Besser im Interview gesprochen hat.

Was bleibt Ihnen von 2014 in Erinnerung? Was waren die politisch herausragenden Ereignisse für Sie, was aber auch die persönlichen Momente?

Klaus Besser: Die erste Jahreshälfte war ganz klar geprägt vom Wahlkampf und der Kommunalwahl im Mai. Der alte Rat hat noch einige richtungsweisende Beschlüsse gefasst. Etwa zum Familienaudit. Anfang Juli haben wir die Zertifizierung bekommen – zusammen mit der Landeshauptstadt Düsseldorf und als einzige Kommune in unserer Größenordnung. Alle anderen sind größer. Die Verabschiedung des Flächennutzungsplanes war ein weiterer wichtiger Beschluss. Das Klimaschutzkonzept hat im November schon der neue Rat beschlossen.
Darüber hinaus muss man sagen, dass der Herbst überschattet war vom Tod des früheren stellvertretenden Gemeindedirektors Gerd Sowa und von Gemeindedirektor Werner Goldbeck nur einige Tage später.

Und wenn Sie jetzt voraus blicken. Was kommt im nächsten Jahr auf die Gemeinde zu?

Besser: Das lässt sich nur bedingt sagen. Es gibt jetzt Dinge, die wichtig geworden sind, die wir aber vor einem Jahr noch gar nicht so im Blick hatten. Die Flüchtlingsunterbringung ist ein Punkt. Die Zahlen werden weiter steigen. Und wir haben uns entschlossen, dass wir für die Flüchtlinge bauen wollen. Das macht Bielefeld im Übrigen auch so. Es ist einfach zukunftsweisender als Wohncontainer oder Zelte aufzustellen. Wenn die Zuweisungsraten so weitergehen, werden wir in der ersten Jahreshälfte das Übergangsheim voll haben. Das Problem ist, dass die Unterbringungssituation noch gar nicht so im Fokus der Öffentlichkeit ist.
Auch die Erweiterung der Grundschulen wird ein großes Thema 2015 werden. Drei Anträge liegen uns inzwischen vor, erste Beschlüsse sind gefasst wie die Beauftragung eines externen Planers und das Controlling beim Bau. 1,5 Millionen Euro für die Erweiterung an der Grundschule Steinhagen und Planungskosten für den Laukshof stehen im Haushalt.
Und dann geht die Schulentwicklungsplanung weiter. Die Entscheidung des Mindener Verwaltungsgerichts zur Gesamtschule Halle stellt den Elternwillen eindeutig in den Mittelpunkt.

Was heißt das für Steinhagen? Wird jetzt eine Gesamtschule geplant? Für diese haben sich die Steinhagener Eltern ja gerade auch bei einer Befragung ausgesprochen. Neben dem Gymnasium.

Besser: Das ist richtig. Wenn man den Elternwillen ernst nimmt – und das tun wir –, und an dem Zwei-Säulen-Modell festhält, dann muss man über eine Gesamtschule diskutieren oder bei der Realschule bleiben. Die Sekundarschule ist nicht gewünscht. Das zeigt die Elternbefragung auch. Wir haben die Mittel für einen externen Schulentwicklungsplaner für 2015 in den Haushalt gestellt.

Wie sind denn dann die weiteren Schritte bei der Schulentwicklungsplanung?

Besser: Unter der Moderation eines Planers muss die Politik diskutieren, wo sie hin möchte. Steinhagen wird sich vom landesweiten Trend nicht abkoppeln lassen. In den Kommunen des Kreises gibt es nur die Kombination von Gymnasium und Gesamtschule oder ausschließlich Gesamtschule. Nur Versmold hat Gymnasium und Sekundarschule. Gymnasium und Realschule gibt es außer bei uns nur noch in Gütersloh und Rheda-Wiedenbrück. Ich habe immer für Kommunen in der Größenordnung von Halle, Versmold und Steinhagen eine Sekundarschule und eben das Gymnasium als ideal betrachtet. Das aber wollen die Eltern nicht. Dass auch Gesamtschule und Gymnasium nebeneinander existieren können, zeigt Halle jetzt.

Aber haben Sie nicht immer davor gewarnt, dass bei einer Gesamtschule das Steinhagener Gymnasium gefährdet wäre?

Besser: Es ist nicht bestandsgefährdet, denn es würde in der Steinhagener Größenordnung immer dreizügig sein. Mehr als die Hälfte der Eltern wählt das Gymnasium. Aber problematisch sind die Differenzierungsmöglichkeiten in der Oberstufe. Das ließe sich aber auch lösen, etwa durch Kooperation mit anderen Schulen. Das wäre in Zeiten des Zentralabiturs auch zwischen dem Gymnasium und einer Gesamtschule möglich. In Steinhagen lägen beide Schulen auch noch direkt nebeneinander. Über ein solches Modell müsste man mal nachdenken.

Welche weiteren Themen oder Schwerpunkte lassen sich schon absehen für die nächsten Monate?

Besser: Die Umsetzung des Klimaschutzkonzepts beginnt jetzt mit umfassenden Maßnahmen. Da ist in Sachen Umstellung von Öl- auf Gasheizungen einiges zu machen. Da müssen die Bürger noch mehr motiviert werden, Häuser zu renovieren. Auch Gewerbebetriebe kann man ermuntern zu alternativen Energieformen oder überhaupt zum Energiesparen. Es gibt auch gute Ideen und Ansätze. Manche sind ganz einfach: Bei Hörmann etwa ist in den Produktionshallen bei zwei Leuchtstoffröhren in einer Lampe eine entfernt und ein Spiegel eingesetzt worden. Es ist genauso hell, spart aber viel Energie.

Großes Thema, großes Ärgernis dieses Jahres war der ÖPNV. Die Probleme sind doch auch noch nicht ausgestanden.

Besser: Der ÖPNV ist nach wie vor ein Problem. Es kann nicht sein, dass in Steinhagen die am dichtesten besiedelten Wohngebiete abgekoppelt sind. Wenn man dort nicht mehr lang fährt, wo die Menschen wohnen, dann kann man den ÖPNV gleich einstellen. Der Kreis arbeitet derzeit an der Fortschreibung des Nahverkehrsplanes. Die Gemeinde bringt sich da ein.

Ein Argument, warum der Bus außerhalb der Unterrichtszeiten nicht mehr am Schulzentrum hält, ist ja ein wirtschaftliches. Das Linienbündel Nord muss sich selbst tragen…

Besser: Das wird auf Dauer nicht funktionieren. Der Kreis wird den ÖPNV auch im nördlichen Kreisgebiet subventionieren müssen, wie er das im Süden schon tut.

Die Gemeinde geht finanziell mit einem dicken Loch von 4,4 Millionen Euro ins nächste Jahr. Die Finanzen sehen erst einmal nicht so rosig aus.

Besser: Wenn die Wirtschaft so bleibt, wie sie ist, und darauf deutet alles hin, dann mache ich mir keine Sorgen. Wir haben ein gutes Gewerbesteuer- und Einkommensteueraufkommen. Wir haben auch viel in unsere Rücklage gepackt und inzwischen sogar einen höheren Bestand als 2008, als wir auf das Neue Kommunale Finanzmanagement umgestellt haben. Das schützt uns die nächsten Jahre. Und es machen sich jetzt auch Dinge finanziell bemerkbar, die wir in den vergangenen Jahren eingeleitet haben.
So sind alle Amtsleiterstellen mit Mitarbeitern aus dem Haus wiederbesetzt worden. Es ist niemand von außen geholt worden. Auch energetische Maßnahmen wie die Erneuerung der Straßenbeleuchtung wirken jetzt und entlasten den Haushalt.